Freitag, 30. Dezember
Es gibt ein Lied, in dem heißt es: „Diesen Tag, Herr, leg ich zurück in deine Hände, denn du gabst ihn mir. Du, Gott, bist doch, der Zeiten Ursprung und ihr Ende, ich vertraue dir.“
Heute schreibe ich die Zeile um: „Dieses Jahr, Herr, leg ich zurück in deine Hände, denn du gabst es mir.“
Und ich bete (inspiriert von Eckhard Herrmann):
Gott,
unser Blick geht zurück auf dieses Jahr, das hinter uns liegt.
Wir denken dankbar an vieles, was wir erlebt haben.
Traurig erinnern wir uns an das, was uns genommen wurde.
Manchmal haben wir gesucht… und nicht gefunden.
Manchmal haben wir angeklopft… und das Herein nicht gehört.
Um manches haben wir gebeten, aber es hat sich nicht erfüllt.
Und manchmal sind wir dir begegnet und haben gar nicht damit gerechnet.
Du warst bei uns. Immer. Ob wir es gemerkt haben oder nicht.
Voller Erwartung schauen wir nun auf das neue Jahr.
Mit Hoffnungen, mit Wünschen, mit Zielen.
Auch Sorgen sind dabei, dass unsere Erwartungen nicht erfüllt werden oder dass wir scheitern könnten.
Um so mehr legen wir uns und dieses Jahr in deine Hände.
Wir vertrauen auf dich und bitten dich für die Zukunft
um Vertrauen und Liebe,
um Zuversicht und Mut,
um Kraft und Verstand
und um deine, uns erfüllende Heilige Geistkraft.
Amen
Verena Übler
Freitag, 23. Dezember
Stellt euch folgendes vor: Im Himmel wird über die Ankunft des Erlösers, also die Geburt von Jesus auf der Erde beraten. Gott sagte: Wir haben die Geburt durch unsere Propheten mehrmals angekündigt. Jetzt ist es an der Zeit, etwas zu unternehmen. Die Menschen warten schon über tausend Jahre. Das ist eine lange Zeit – wenigstens auf der Erde. Und so überlegten Gott und die Engel, wie man das mit der Ankunft, der Geburt wohl machen könnte.
Einer schlug vor: wir nehmen den König von Juda! Der kann gut die Rolle des Erlösers übernehmen.
Nein, ach was, das taugt doch nichts - so redeten andere. Sie schlugen Johannes den Täufer vor.
Gott-Vater konnte sich mit keiner Idee anfreunden.
Er schüttelte den Kopf: Zu wenig Freude! Zu wenig Fröhlichkeit!
Wenn der Messias kommt, sollen sich doch alle Menschen freuen. Ja, lachen sollen sie. Und fröhlich sein.
Wenn einer mit `nem Säbel ankommt, werden sie sich eher fürchten.
Und wenn einer mit der Krone kommt, dann traut sich keiner mit ihm zu reden. Mit so einem Vornehmen.
Und wenn einer wie Johannes der Täufer kommt, so mit Kamelhaarfell und wildem Bart: Nee, das macht doch keine Freude. Eine Weile waren alle ganz still.
Dann fragte Gott Vater in die Runde: Also, wie muss der Erlöser aussehen, damit sich die Menschen freuen?
Der Engel Gabriel dachte scharf nach und dann schrie er: Ich hab's! Wie ein Kind. Er muss wie ein Kind aussehen. Über ein Kind freut man sich immer!
Und so wurde es beschlossen. Der Messias musste als Kind auf die Welt kommen. Der Engel Gabriel sollte es den Menschen bekanntgeben.
Halt, rief da der Engel Uriel: Und wer könnte das Kind sein? Etwa das Kind von König Herodes? Oder das Kind von einem Propheten? Oder das Kind von einem Rabbi aus Jerusalem?
Sofort redeten wieder alle durcheinander. Es herrschte Ratlosigkeit im Himmel. Schließlich fragten die Engel Gott- Vater: Also, wer soll denn nun das Kind sein?
Da antwortete Gott: Ich!
Dem Engel Gabriel blieb der Mund offen stehen: Du? Wie soll das denn gehen? Du als richtiger Mensch? Du als Kind? Da lachen ja alle!
Ja, aber sie sollen doch lachen! sagte Gott, das haben wir uns doch vorhin gewünscht.
Der Engel Michael warf ein: Und der Himmel? Soll der leer stehen? Und was, wenn etwas schief geht unten auf der Erde?
Gott schwieg eine Weile. Dann sagte er: Es wird etwas schief gehen. Ja. Aber das versteht ihr noch nicht.
Die Engel waren ratlos: Was meinst du damit?
Macht euch darüber keine Gedanken. Mit den Menschen wird noch viel passieren. Aber darüber reden wir erst später. Jetzt fängt es erstmal an. Und es fängt mit Freude an, weil es mit einem Kind anfängt.
Was danach kommt spielt jetzt keine Rolle.
Aber ich kann euch eins verraten: Ganz zuletzt, da wird auch wieder Freude sein. Und die, die wird bleiben.
Frohe Weihnachten!
Verena Übler
P.S. Leider weiß ich nicht mehr, woher ich diese Geschichte habe. Falls jemand Hinweise geben kann, bitte an mich.
Freitag, 16. Dezember
„Ja, ja, oder nein?
Soll ich's wirklich machen oder lass ich's lieber sein?
Jein!“
Die Band „Fettes Brot“ besingt hier ein klassisches Dilemma. Sag ich ja oder sag ich nein? Am besten: jein. Aber das hilft eben nicht wirklich weiter. Eine Entscheidung muss her.
Gott hat sich entschieden. Gott kommt zur Welt und sagt eindeutig: Ja!
Sagt bedingungslos Ja zu uns Menschen. Und hält an diesem Ja fest von der Krippe bis zum Kreuz und darüber hinaus. Keine Not des Lebens hält Gott davon ab. Im Gegenteil: in jeder Not, in der wir stecken, erneuert und bestärkt Gott dieses Ja zu uns.
Stellen Sie sich mal vor, Gott hätte „Jein“ gesagt oder „vielleicht“…
Vielleicht schenke ich dir meine Gnade. Vielleicht reserviere ich dir einen Platz im Himmel. Vielleicht.
Nein, Gott sagt eindeutig Ja zu uns. Wie wäre es dann mit einem eindeutigen Ja von uns zu Gott?
Verena Übler
Amen.
Montag, 12. Dezember
Wunschbaum
Weihnachten - das Fest der Freude und des Schenkens. Vor allem das letztere scheint inzwischen das Wichtigste zu sein, wenn man die unzähligen Werbebotschaften ernst nimmt, die seit Wochen auf allen möglichen Wegen auf uns alle einströmen.
Aber es gibt auf der anderen Seite auch viel Gutes, das durch die Spenden ermöglicht wird, die vor allem in der Vorweihnachtszeit reichlich gegeben werden.
Auf eine besondere Spendenaktion bin ich vor wenigen Tagen im wahrsten Sinn des Wortes gestoßen:
In der Stadtbücherei im Motorama stand ein Weihnachtsbaum, an dem vielen Sterne hingen, die mit Wünschen beschriftet waren - und auf der Rückseite mit einem Namen. Diese "Wunschbäume" hatte der Malteser Hilfsdienst in mehreren Stadtbüchereien aufgestellt und daran Wünsche von Menschen aus Senioren- und Kindereinrichtungen gehängt. Man kann sich einen (oder mehrere) Sterne nehmen und dann den Wunsch besorgen, mit einem Gruß versehen, einpacken, und wieder in der Stadtbücherei abgeben.
Gleich auf dem ersten Stern, den ich ansah, hatte sich einen ältere Dame namens Anna "Lebkuchen ohne Schokolade" gewünscht.
Und da ich am Wochenende sowieso Lebkuchen backen wollte, auch ohne Schokolade, habe ich mir diesen Wunschstern mitgenommen und freute mich schon beim Backen darauf, dass ich der Dame damit eine Freude machen kann.
Wenn Sie jetzt Lust bekommen haben, auch einen Wunschbaum-Wunsch zu erfüllen: die Aktion läuft noch bis kommenden Freitag, und es sind sicher noch einige Sterne übrig.
Mathias Brandstätter
Samstag, 10. Dezember
Zwergerlgottesdienst für die Kleinsten. Die ganze Kirche ist dunkel und kalt. Es kommt sogar die Frage auf, ob der Gottesdienst überhaupt stattfindet. Wir alle sind uns einig: Dieser Kirchenraum ist nicht gerade einladend. Ich zünde die Osterkerze an. Diese Kerze leuchtet in jedem Gottesdienst. An dieser Kerze haben wir Eure Taufkerzen angezündet. Dann holen wir von der Osterkerze das Feuer und zünden mit ihm die zwei Kerzen des Adventskranzes an. So langsam wird es heller. Danach zünden wir mit diesem Licht die Altarkerzen an. Wir spüren schon, wie durch das Kerzenlicht Wärme spürbar wird.
Nun knipsen wir das Licht des Herrenhuter Sterns an. Der Stern leuchtet den Weg zur Krippe. Und jetzt machen wir uns auf den Weg zur Kerze der "Offenen Kirche", an der viele Menschen während des Tages eine Kerze anzünden, in Gedanken an einen Menschen, der ihnen wichtig ist, mit dem, was ihnen auf dem Herzen liegt. Wir zünden diese Kerze an und an ihr die dünnen Kerzen, die in einem Korb daneben liegen. Dann bringen wir unsere Fürbitten vor Gott und singen "Licht der Liebe, Lebenslicht. Gottes Geist verlässt uns nicht."
Die Kirche ist nun erleuchtet vom Schein der Kerzen und vom Licht des Sterns.
Ein Weg vom Dunkel ins Licht.
Mit dem Lied "Tragt in die Welt nun ein Licht" beschließen wir unseren Gottesdienst.
Felix Breitling
Mittwoch, 7. Dezember
Grün ist die Hoffnung, heißt es. Auf dem Bild sprießt ein kleines, zartes Pflänzchen. Aber nicht einfach aus der Erde. Nein, es wächst in einem Stück Totholz. Wie kann das sein? Ein Stück totes Holz. Abgestorben. Unnütz. Und dann, dann treibt da etwas. Zaghaft, klein, zart. Was es wohl einmal werden wird?
Hoffnung sprießt und wächst. Gegen alle Erwartung.
Welche Hoffnung trag ich in mir? Welche zarten Pflänzchen wachsen in mir und wollen sich entwickeln? Oder sind schon da und wachsen und wachsen. Und das vielleicht entgegen aller Erwartung, weil eigentlich gar kein fruchtbarer Boden da ist, nur totes Holz?
Von Ostern her wissen wir: Gott schenkt neue Hoffnung. Jesus Christus war tot und ist auferstanden. Wir sollen leben. Hier und in Ewigkeit.
Verena Übler
Montag, 5. Dezember
Ikonen gegen den Krieg
Der Krieg in der Ukraine hält mit unverminderter Grausamkeit an, aber aus den täglichen Schlagzeilen ist er dagegen fast schon verschwunden. Die Titelseiten der Zeitungen werden nun wieder von anderen Themen beherrscht, die Meldungen über den Ukrainekrieg wandern immer weiter nach hinten.
Scheinbar hat man sich an den Krieg in unserer Nachbarschaft in Europa gewöhnt, findet ihn nicht mehr besonders erwähnenswert. Zumindest bei uns, die wir nicht täglich von Raketen bedroht werden, und die wir nicht täglich um unser Leben und das unserer Angehörigen fürchten müssen.
Gut, dass es immer noch Orte und Gelegenheiten gibt, wo auch bei uns hier an den Krieg erinnert wird. So z.B. in dem ökumenischen Friedensgebet, dass jeden Donnerstag um 18:30 Uhr in St.Stephan stattfindet.
In der Heilig Geist-Kirche am Viktualienmarkt werden noch bis heute (5. Dezember) Ikonen des ukrainischen Künstlerpaars Oleksandr Klymenko und Sofia Atlantova gezeigt. Die beiden malen ihre Ikonen auf die Deckel und auf Böden von Munitions- und Waffenkisten, die im Krieg verwendet wurden.
Man sieht den Holzbrettern ihre Vergangenheit an. Sie sind gezeichnet vom Krieg und tragen noch die Spuren ihres Einsatzes.
Sie sind beeindruckende Mahnmale gegen den Krieg.
Mathias Brandstätter
Freitag, 2. Dezember
Adventszeit ist Wartezeit. Zeit der Erwartung. Warten auf Weihnachten. Auf den Abend der Abende. Den heiligen. Warten wir also. Harren wir der Dinge, die da kommen sollen.
Harren? Kennt das Wort noch jemand? Im Thesaurus steht: „harren: warten, hoffen, ins Auge fassen, lauern, entgegensehen…“ Hm, das kann ganz schön verschieden sein, dieses Harren. Es kommt darauf an, was oder wem man da entgegensieht. Auf eine OP wartet man anders als auf den Abschlussball.
„Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“ so schreibt der Prophet Jesaja (Jes 40, 31).
Was für ein Versprechen! Und wenn gerade alles noch so kräftezehrend ist, die Situation verfahren, die Aussichten schlecht – unbedingt harren. Auf Gott warten, Gott entgegensehen. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Veränderung ist möglich. Neue Kraft wird kommen.
Harren verleiht Flügel!
Verena Übler